Faktencheck Thüringen 2024

Zu einer mündigen Demokratie gehört Faktenwissen. Denn Fakten sind die Grundlage für den Austausch über Politik. Wir wollen in diesem Faktencheck die AfD-Positionen zu den Landtagswahlen in Thüringen auf ihre inhaltlichen Aussagen hin überprüfen und Widersprüche offenlegen. Die jeweiligen AfD-Positionen sind verlinkt, so dass diese leicht überprüft werden können.

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Die AfD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gilt als gesichert rechtsextrem. Die Jugendorganisation der AfD sogar in allen ostdeutschen Bundesländern. Sie versuchen gezielt, sich selbst zu verharmlosen, um ihre Ideologie salonfähig zu machen.

Die AfD und insbesondere ihr Spitzenkandidat Björn Höcke sind wiederholt dadurch aufgefallen, dass sie den Nationalsozialismus verharmlosen oder sogar verherrlichen. Auch Gerichte haben entsprechende Urteile gesprochen. Die AfD-Akteure sind seit Jahren eng vernetzt mit Neonazis und den antidemokratischen Ideologen der Neuen Rechten Szene.

Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD bundesweit, weil sie als Gefahr für die Demokratie und den Rechtsstaat eingeschätzt wird: Die AfD will die Demokratie beschädigen und Grundrechte von ohnehin benachteiligten Gruppen einschränken. Auch im Nationalsozialismus wurden Minderheiten für alle gesellschaftlichen Probleme verantwortlich gemacht. Die Folgen kennen wir alle: Ausgrenzung, Verfolgung, Vertreibung und viel Schlimmeres.

Quellennachweise:

  1. AfD-Landtagswahlprogramm Thüringen 2024, Seiten 1 und 3
  2. AfD-Chef Höcke: Erneutes Urteil wegen Nazi-Parole, Deutsche Welle
  3. Demonstranten dürfen Björn Höcke als „Nazi“ bezeichnen, hessenschau
  4. Wo AfD und Junge Alternative gesichert rechtsextrem sind, Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)
  5. Höcke-Prozess: Strategie der Selbstverharmlosung, Tagesschau
  6. Bundesamt für Verfassungsschutz darf AfD und JA als Verdachtsfall beobachten,  Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
  7. Björn Höcke, Wikipedia
  8. Neue Rechte, Wikipedia

Die AfD will die Rundfunkgebühr abschaffen und den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk drastisch reformieren. Dadurch hätte die Politik allerdings noch größeren EInfluss auf die Programmgestaltung. Und für die Bürgerinnen und Bürger würde es teuer werden.

Für den Fall einer Regierungsübernahme in Thüringen hat der AfD-Vorsitzende Björn Höcke die Kündigung des MDR-Staatsvertrags und des Staatsvertrags zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angekündigt: „Stattdessen soll es einen Grundfunk geben, vielleicht zehn Prozent, von dem was wir jetzt haben. Es wird eine Grundversorgung geben, aber keinesfalls mehr einen Zwangsbeitrag. Das wird dann durch Steuern finanziert.“

Wenn ARD und ZDF durch eine Steuer finanziert würden, könnte die Regierungsmehrheit jederzeit die Steuern erhöhen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk politisch beeinflussen. Tatsächlich ist der Rundfunkbeitrag seit 20 Jahren nur um 6 Cent pro Jahr gestiegen – anders als die meisten Steuern und Abgaben. Gewinner wären die privaten Medien, die dann zum Beispiel für die Übertragung der  Olympischen Spiele Geld verlangen können. ARD und ZDF übertrugen hingegen alle olympischen Wettbewerbe im Fernsehen und im Livestream in der gemeinsamen Mediathek – und das 17 Stunden am Tag und alles finanziert aus den Rundfunkbeiträgen und ohne teure Abos.

Quellennachweise:

  1. AfD-Landtagswahlprogramm Thüringen 2024, Seite 16 (Seite 14 in der Druckversion)
  2. Wenn die AfD an die Macht kommt, Deutsche Akademie für Fernsehen
  3. Kündigung von Staatsverträgen im Medienbereich, Deutscher Bundestag

Desinformation, Provokation und Emotionalisierung: Die AfD nutzt Nazi-Methoden um an die Macht zu kommen. Und um die Demokratie zu zerstören.

Schockierende Falschnachrichten und Inhalte, die gezielt provozieren und emotionalisieren, verbreiten sich in sozialen Medien schneller als sachlich aufbereitete Beiträge. Populistische Beiträge haben die Schaffung von Feindbildern und die Selbstinszenierung „als wahre Vertreter des Volkes“ zum Ziel. Es wird beispielsweise gezielt Angst geschürt, Personen und Personengruppen ausgegrenzt und mit emotionalisierenden Aussagen gespielt, z.B. „Die Regierung hasst dich!“.

Komplizierte Themen werden dabei meist stark verkürzt, verzerrt oder falsch dargestellt, insbesondere wenn es um Migrationsthemen oder Klimapolitik geht.

Historisch betrachtet ist das nicht neu: auch die Nationalsozialisten haben Anfang der 1920er-Jahre das neue Medium Radio als wichtigen Verbreitungskanal für ihre Ideologie und Desinformation genutzt und später den Film als Massenmedium für nationalsozialistische Propaganda genutzt.

Quellennachweise:

  1. AfD-Landtagswahlprogramm Thüringen 2024, Seite 14 (Seite 12 in der Druckversion)
  2. Messerattacke von Mannheim: Weidel verbreitet Fake-Zitat von Faeser, Berliner Morgenpost
  3. EM als Ventil für rassistische Desinformation, tagesschau.de
  4. Social Media und politische Meinungsbildung:
    Warum rechtspopulistische Parteien reichweitenstärker sind, klicksafe.de
  5. Mehr Fakes als News: Wie die AfD vom Zusammenhang zwischen Werten und Desinformation profitiert, marktforschung.de – Das Portal für Marktforschung, Data Analytics und Insights.

Die AfD will das Thüringer Vergabegesetz reformieren: Verlierer wären die Arbeitnehmer und die regionale Wirtschaft

Das Thüringer Vergabegesetz schreibt vor, dass öffentliche Aufträge ausschließlich an Unternehmen vergeben werden, die gute Lohn- und Arbeitsbedingungen bieten. So wird auch sichergestellt, dass Steuergelder nicht in die falschen Taschen fließen. Und: so haben auch ehrliche Unternehmer aus Thüringen eine Chance öffentliche Aufträge zu bekommen.

Die AfD Thüringen will diese Regelungen wieder abschaffen: dann würde in der Regel wieder der Billigste den Auftrag bekommen und die Thüringer Unternehmen und die Beschäftigten hätten das Nachsehen.

Quellennachweise:

  1. AfD-Landtagswahlprogramm Thüringen 2024, Seite 50 (Seite 48 in der Druckversion)
  2. Höhere Grenzen, mehr Lohn: Landtag beschließt Neuerungen bei Vergabe von öffentlichen Aufträgen, MDR

Die AfD spricht von Bürgerrechten, tatsächlich will sie diese aber verschlechtern. Auch beim Datenschutz.

Auch wenn die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in der praktischen Anwendung kompliziert ist: Durch sie wird sichergestellt, dass personenbezogene Daten ausreichend geschützt sind. Sie soll Datenlecks verhindern und die Daten vor Betrug sowie vor  Cyberkriminalität schützen .

Außerdem garantiert die DSGVO das „Recht auf Vergessenwerden“: Wer möchte, dass seine persönliche Daten gelöscht werden, kann dieses Recht auch gegen Großkonzerne durchsetzen.

Die AfD Thüringen will die DSGVO komplett abschaffen.

Quellennachweise:

  1. AfD-Landtagswahlprogramm Thüringen 2024, Seite 117
  2. Ihre Vorteile durch Datenschutz, European Data Protection Board
  3. 10 Vorteile der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Dr. Datenschutz
  4. Ihre Daten, Ihre Rechte: die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Verbraucherzentrale NRW

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Wie kommt es, dass so viele Menschen trotz dieser Widersprüche bei Wahlen für die AfD stimmen?

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat dies in der Studie „Das AfD-Paradox: Die Hauptleidtragenden der AfD-Politik wären ihre eigenen Wähler*innen (2023, PDF)“ untersucht. Die Studie begründet dieses Wahlverhalten mit einer falschen Selbsteinschätzung vieler AfD-Wähler und mit deren Fehleinschätzung der gesellschaftlichen Realität.