Faktencheck

Zu einer mündigen Demokratie gehört Faktenwissen. Denn Fakten sind die Grundlage für den Austausch über Politik. Wir wollen in diesem Faktencheck AfD-Positionen auf ihre inhaltlichen Aussagen hin überprüfen und Widersprüche offenlegen. Die jeweiligen AfD-Positionen sind verlinkt, so dass diese leicht überprüft werden können:

Die AfD redet von „Remigration“, tatsächlich meint sie Vertreibung. Dafür will sie laut Björn Höcke „wohltemperierte Grausamkeit“ anwenden.

Die AfD ist seit ihrer Gründung eng vernetzt mit Rechtsextremisten. Nun wurde bekannt, dass sie nicht „nur“ Flüchtlingen und Geduldeten ihre Grundrechte absprechen will, sondern auch deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern mit Migrationshintergrund. Falls diese nicht in ihr Herkunftsland (bzw. in das Herkunftsland ihrer Eltern oder Großeltern) vertrieben werden können, sollen sie in einem „nordafrikanischen Musterstaat“ vertrieben werden. Björn Höcke hat in seinem Buch geschrieben, dass zur Reduzierung von Zuwanderung „wohldosierte Grausamkeit“ angewendet werden soll.

Quellennachweise:

  1. Stellungnahme der AfD-Fraktionsvorsitzenden Ost vom 15. Januar 2024
  2. Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ von Björn Höcke, Seite 154 (PDF) bzw. 254 (Print)
  3. Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ vom 10. Januar 2024

Die AfD missbraucht die Proteste der Landwirte: tatsächlich will sie „mehr Wettbewerb und weniger Subventionen“ für die Landwirtschaft.

Aktuell protestieren Landwirte, weil die Bundesregierung Subventionen für Landwirte reduzieren will. Die AfD nutzt die Stimmung, um auf Wählerfang zu gehen und die Bundesregierung anzugreifen. Denn tatsächlich spricht sich die AfD immer wieder gegen Subventionen aus. Stattdessen will sie freien Wettbewerb, was auch die Verbraucherpreise für regionale Lebensmittel nach oben treiben würde.

Im Grundsatzprogramm der AfD steht wörtlich: „Landwirtschaft: Mehr Wettbewerb. Weniger Subventionen“ (Seite 88). Auch im AfD-Wahlprogramm zur Europawahl 2024 wird gefordert, für die Landwirtschaft „marktwirtschaftliche Prinzipien wieder in den Vordergrund zu rücken“ (Seite 36), die Partei sehe „Subventionen generell kritisch“ (Seite 23).

Quellennachweise:

  1. AfD-Grundsatzprogramm, Seiten 69 und 88
  2. AfD-Europawahlprogramm 2024, Seite 23
  3. AfD-Pressemitteilung vom 13.12.2023: „Bundesregierung darf Auszahlung der EU-Subventionen an unsere Bauern nicht verzögern“

Die AfD will, dass sich Zuwanderung an „nationalen Interessen“ orientiert – tatsächlich würde ihre Politik der deutschen Wirtschaft massiv schaden.

Die AfD will dem Fachkräftemangel vor allem durch eine höhere Geburtenrate entgegenwirken – dabei macht sie aber zwei große Denkfehler: Erstens wird der Höhepunkt des demografisch bedingten Fachkräftemangels bereits um das Jahr 2030 erwartet, also in sechs Jahren. Kurzfristig würde eine hohe Geburtenrate kein Problem lösen. Im Gegenteil, denn zweitens würden die gebärenden Mütter noch zusätzlich im Arbeitsmarkt fehlen.

Außerdem will die AfD die Einwanderung von Fachkräften drastisch erschweren. Mit der AfD würden sich die Probleme also deutlich verschärfen, die schon jetzt in Betrieben und in der öffentlichen Daseinsvorsorge enorm sind.

Quellennachweise:

  1. AfD-Grundsatzprogramm, Seite 59
  2. BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsprojektionen bis zum Jahr 2040, Seite 8
  3. IW-Report 11/2021: Mögliche Entwicklungen des Fachkräfteangebots bis zum Jahr 2024, Seite 22  

Die AfD verspricht Steuersenkungen für alle – davon profitieren aber vor allem Wohlhabende und Millionäre. 

Die AfD will die Erbschaftsteuer komplett abschaffen und die Besteuerung großer Vermögen verhindern. Auch den Solidaritätszuschlag für Spitzenverdiener will sie komplett abschaffen. 

Mit keiner anderen Partei würden Familien mit einem Jahreseinkommen von bis zu 55.000 Euro weniger Einkommenszuwächse haben.

Gleichzeitig würden mit keiner anderen Partei Familien mit einem Jahreseinkommen von über 300.000 Euro mehr Einkommenszuwächse haben.

Außerdem fordert keine Partei stärkere Einschnitte in der Sozialpolitik als die AfD: Sie will keine Maßnahmen gegen die enormen Mietpreissteigerungen und hatte sich gegen die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro ausgesprochen. Auch will die AfD das Bürgergeld beschneiden und auf sechs Monate begrenzen. Zudem will sie Langzeitarbeitslose zu Bürgerarbeit zwangsverpflichten.

Quellennachweise:

  1. Bundes-Wahlprogramm der AfD 2021, Seite 35 und 36
  2. Das AfD-Paradox: Die Hauptleidtragenden der AfD-Politik wären ihre eigenen Wähler*innen, DIW Berlin
  3. ZEW-Kurzexpertise „Reformvorschläge der Parteien zur Bundestagswahl 2021 – Finanzielle Auswirkungen“, ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

Die AfD verspricht „Freiheit beim Renteneintritt“ – eine abschlagsfreie Rente soll es aber erst nach 45 Beitragsjahren geben.

Was auf den ersten Blick vielleicht gut aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als massive Rentenkürzung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Denn die AfD streicht ein festes Rentenalter. Alle, die die 45 Jahre noch nicht voll haben, bekommen die volle Rente erst, wenn sie die Zeit zusammen haben – egal ob mit 70, 75 oder wann auch immer. 

Selbst großzügig gerechnet bekäme die Mehrheit (55%) die 45 Jahre bis zum 65. Lebensjahr nicht voll, müsste also über 65 hinaus weiter arbeiten. Viele (40 Prozent) müssten sogar über 70 hinaus arbeiten, denn ihnen fehlen mit 65 noch mehr als fünf Jahre für die 45 Jahre. Für jede zweite Frau bedeuten die Pläne der AfD: Sie muss weiter über 70 hinaus arbeiten.

Quellennachweise:

  1. Eckpunktepapier Alterssicherung“ der AfD-Bundestagsfraktion
  2. DGB-Faktencheck: Wohin will die AfD mit der Rente?

Die AfD fordert „Inklusion mit Augenmaß“ – tatsächlich will sie Menschen mit Behinderungen stärker ausschließen.

Alle Studien zum Lernerfolg zeigen: Schülerinnen und Schüler lernen nicht schlechter, wenn Kinder mit Förderbedarf die Klasse besuchen. Sie lernen genauso gut wie Schülerinnen und Schüler in nicht inklusiven Klassen. Kinder und Jugendliche lernen in inklusiven Klassen nicht nur gemeinsam, sondern auch voneinander. Die Stärkung des Sozialverhaltens, der Empathie, Rücksichtnahme und die Förderung von Teamwork sind Eigenschaften, die in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt immer wichtiger werden.

Es ist langfristig weniger kostenintensiv, Schulen einzuführen, die alle Kinder gemeinsam unterrichten, als ein komplexes System unterschiedlicher Schultypen zu erhalten, die jeweils auf verschiedene Gruppen spezialisiert sind. Ebenfalls ist es teurer, mangelhaft ausgebildete junge Menschen nachträglich zu qualifizieren und zu versorgen, als ihnen von Beginn an eine gute Bildung zu ermöglichen, die ihnen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und bessere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben eröffnet.

Kinder mit sogenanntem Förderbedarf entwickeln im gemeinsamen Unterricht in der Regel eine realistischere Selbstwahrnehmung und wissen nicht erst nach der Beendigung der Schullaufbahn beziehungsweise wenn sie die Sonderwelt einer Förderschule verlassen, um ihre Stärken und Schwächen.

Quellennachweise:

  1. AfD-Grundsatzprogramm, Seite 54
  2. Inklusion in der Schule: Pro & Contra, Aktion Mensch

Die AfD will die Zuwanderung für junge Menschen massiv erschweren – das führt dazu, das die Renten weiter sinken werden, weil Einzahler fehlen.

Das Problem des demographischen Wandels besteht darin, dass die geburtenreichen Jahrgänge, die „Baby-Boomer“, aktuell in Rente gehen. Dadurch zahlen immer weniger Arbeitnehmer in die Rentenkasse ein und gleichzeitig müssen immer mehr Rentner aus dieser Kasse ausbezahlt werden.

Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung sinkt durch diesen demografischen Wandel das Rentenniveau von derzeit 48,7 auf 40,5 Prozent im Jahr 2060. Noch einmal 20 Jahre später liegt es nur noch bei 38,8 Prozent.

Um dennoch im Alter ausreichend versorgt zu sein, müsste während des Berufslebens verstärkt für den Ruhestand gespart werden. Doch das gestaltet sich schwierig, wenn Arbeitnehmer in Zukunft immer höhere Beiträge in die Rentenkasse einzahlen müssten.

Die Lösung liegt folglich nahe: Deutschland braucht wieder mehr Erwerbstätige.

Die erhöhte Zuwanderung kann dabei nach der Studie eine von drei wichtigen Stellschrauben sein, neben der Aktivierung von Nicht-Erwerbstätigen und mehr Neugeborenen.

Rentenniveau und Beitragssätze verbessern sich unter einer dauerhaft hohen Zuwanderung. Es würden dann wieder mehr Erwerbstätige in die Rentenkasse einzahlen. Das gelingt allerdings nur bei einer erfolgreichen Integration der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt. Einen ähnlichen Effekt erzielt ein deutlicher Wiederanstieg der deutschen Geburtenziffer, die Auswirkungen wären dabei allerdings erst in vielen Jahren zu spüren.

Quellennachweise:

  1. AfD-Grundsatzprogramm, Seiten 59 und 62-63
  2. Demographischer Wandel, soziale Sicherung und öffentliche Finanzen: Langfristige Auswirkungen und aktuelle Herausforderungen, Bertelsmann Stiftung

Die AfD will dem Klimawandel freien Lauf lassen – das wird auch zu massiver Verteuerung der Wohngebäudeversicherungen führen.

Die deutschen Versicherungsunternehmen warnen vor den finanziellen Folgen des Klimawandels für Hausbesitzer, aber auch für Mieter. Um die Dringlichkeit des Handelns zu unterstreichen, verweisen sie auf den aktuellen Sachstandsbericht des Weltklimarats, wonach der Klimawandel schon jetzt zu häufigeren und schwereren Extremwetterereignissen geführt hat. Auch in Deutschland müsse man sich daher auf weitere Naturkatastrophen wie Überflutungen, Stürme, Hagel, Tornados und Dürre einstellen.

Ohne Gegenmaßnahmen, ohne Prävention würde sich diese Entwicklung unmittelbar in den Versicherungsprämien widerspiegeln. Betroffen sei nicht nur die Elementarschadenversicherung, sondern die gesamte Wohngebäudeversicherung, die für Sturm- und Hagelschäden aufkommt.

Und die AfD? Die sagt in ihrem Grundsatzprogramm: „Schluss mit der ‚Klimaschutzpolitik’ und mit den Plänen zur Dekarbonisierung und ‚Transformation der Gesellschaft’”.

Quellennachweise:

  1. AfD-Grundsatzprogramm, Seite 79
  2. Klimaschäden könnten zu Verdoppelung der Prämien in der Wohngebäudeversicherung führen, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die AfD will Frauen länger an die Mutterrolle binden, ausgleichende Maßnahmen bzgl. der beruflichen Karriere aber verringern bzw. auf rein freiwillige Basis stellen. Das funktioniert aber nicht.

Die AfD hält Gleichstellungspolitik für „ideologischen Unsinn“, dabei schreibt sie selbst in ihrem Wahlprogramm, Frauen könnten häufig „aufgrund familiärer Verpflichtungen nach einer Arbeitszeitreduzierung
nicht wieder unmittelbar in Vollzeit zurückkehren bzw. haben durch Elternzeit nur verzögert die Möglichkeit, wieder beruflich ein- und aufzusteigen“. Sie fordert darum Frauenförderpläne für Unternehmen und Behörden – diese sollen aber „in keiner Weise zwingend zu erfüllen sein“. Dass Frauenförderung allerdings auf freiwilliger Basis nicht funktioniert, zeigt die Erfahrung und die Wissenschaft:

Nur verbindliche Vorgaben sind ein wirksames Instrument für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen. Das hat die Auswertung des Führungspositionengesetzes (FüPoG) von 2015 gezeigt. Ein unabhängiges Evaluationsgutachten zur Wirkungsweise des Gesetzes ergab: Der Frauenanteil an Führungspositionen ist seit Inkrafttreten des Gesetzes in den mehr als 100 Unternehmen, die unter die feste Geschlechterquote für die Aufsichtsräte fielen, deutlich schneller und höher gestiegen als in den Unternehmen, die sich nur freiwillige Zielgrößen setzten.

In den 2101 Unternehmen, die im Geschäftsjahr 2017 unter die FüPoG-Regelung fielen, betrug der Frauenanteil in den Vorständen 7,7 Prozent. Eine überwiegende Mehrheit der Unternehmen (1695 Unternehmen, 80,7 Prozent) hatte keine Frau im Vorstand. 78,2 Prozent der Unternehmen gaben sich entweder gar keine Zielgröße oder die Zielgröße Null für den Frauenanteil im Vorstand.

Der aktuelle Frauenanteil in Unternehmen, die unter die Quotenregelung fallen, beträgt 35,4 Prozent. 2015 lag er bei nur 25 Prozent. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten ohne feste Quote beträgt dagegen nur 19,9 Prozent.

Quellennachweise:

  1. AfD-Grundsatzprogramm, Seiten 41 und 56
  2. Zweites Führungspositionengesetz: Mehr Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Juge

Wie kommt es, dass so viele Menschen trotz dieser Widersprüche bei Wahlen für die AfD stimmen?

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat dies in der Studie „Das AfD-Paradox: Die Hauptleidtragenden der AfD-Politik wären ihre eigenen Wähler*innen (2023, PDF)“ untersucht. Die Studie begründet dieses Wahlverhalten mit einer falschen Selbsteinschätzung vieler AfD-Wähler und mit deren Fehleinschätzung der gesellschaftlichen Realität.